Sprachlehrer als Coaches und Mentoren: „Das Ziel sollte der unabhängige Lerner sein“
Interview bei Sprachen & Beruf:
Individuelle Lernstrategien haben für Donal Elsted, Geschäftsführer des Regensburger Sprachlerninstituts lernerleben, eine besondere Faszination. Der vielgereiste Englisch-Sprachtrainer aus UK betreut Privatpersonen und Teams in Unternehmen, die ihre Englisch-Kenntnisse aufbessern und gleichzeitig Teambuilding betreiben oder interkulturelle Kompetenz erwerben wollen. Wenn gewünscht, nimmt Elsted seine Klienten auch schon einmal mit auf eine Fahrradtour mit oder bietet einen „Englisch mit Ihrem Hund“-Kurs an – innovative Ideen und ungewöhnliche Lernumgebungen helfen ihm dabei, Lernlust zu fördern und innere Barrieren abzubauen. So wird die Basis geschaffen, um erfolgreich den individuellen Lernweg zu finden. |
S & B: Auf der „Sprachen & Beruf“ kommt eine Gruppe von Sprachbegeisterten zusammen. Sie aber haben, wie Sie sagen, auch mit Menschen zu tun, die gar nicht gern Sprachen lernen. Was tun Sie in diesem Fall?
Donal Elsted: Zunächst einmal betrifft dieser Unwille häufig nicht das Sprachenlernen an sich, sondern nur das Englischlernen – und zwar, weil die Leute dazu gezwungen sind, also aus beruflichen Gründen Englisch lernen müssen. Das weckt manchmal Erinnerungen an schulische Misserfolge. In dem Fall ist es besonders wichtig, die Ziele des Lerners herauszuarbeiten, also etwa: Sind mit dem Englischlernen berufliche Vorteile, Erleichterungen oder Aufstiegschancen verknüpft, oder auch: Ist es für den Lerner reizvoll, neue Herausforderungen zu bewältigen. Dann kommt es auch darauf an, herauszufinden, welche Aktivitäten der Lerner gut beherrscht und was ihm Spaß macht, und das Englischlernen dann damit zu verknüpfen. In manchen hartnäckigen Fällen kann es auch erforderlich sein, sich die – häufig unbewussten – Überzeugungen des Lerners anzusehen. Hat er Überzeugungen, die seinem Erfolg im Weg stehen? Ein Beispiel: Eine im Übrigen beruflich sehr erfolgreiche Klientin musste ihr Englisch rasch aufbessern, hielt sich aber für „zu dumm zum Sprachenlernen“, was möglicherweise auf eine vorhandene Legasthenie zurückzuführen ist. Wir haben dann festgestellt, dass sie ein unglaublich gutes visuelles Vorstellungsvermögen hat, sich Dinge in Bildern nachhaltig einprägt, und haben damit gearbeitet. So konnten wir auch ihr Selbstbewusstsein stärken.
S & B: Ist gutes Sprachtraining nicht zuerst eine Sache der richtigen Methode?
Donal Elsted: Das stimmt und stimmt auch wieder nicht. Es ist eine Illusion, dass es die eine richtige, perfekte Methode gibt, die für alle Menschen geeignet ist. Dazu sind die Menschen zu unterschiedlich. Richtig ist aber, dass man jeweils die Methode oder auch Methoden anwenden muss, die für den Einzelnen am besten geeignet sind. Dazu ist es wichtig herauszufinden, wie der Lerner am besten lernt, ihm mehrere Methoden zur Auswahl und zum Ausprobieren anzubieten und ihn auch in die Bewertung der Methoden einzubinden. Das heißt: immer fragen, ob etwas funktioniert hat, und wenn nicht, gemeinsam daran zu arbeiten, was stattdessen funktionieren könnte. Ein weiteres Beispiel: Ich erinnere mich an einen Klienten, der ganz akribisch Karteikarten zum Sprachenlernen nutzte, weil er das aus der Schulzeit kannte, diese Art hat ihm aber weder gefallen noch hat sie etwas gebracht. Ganz wichtig ist auch, nicht von sich selbst auszugehen und zu meinen, dass die eigenen Präferenzen gleich die des Gegenüber sind. Der eine ist mehr auditiv geprägt, der andere wiederum vielleicht der mehr kinästhetische Typ. Dieser Perspektivwechsel ist unglaublich wichtig, sonst arbeitet man am Klienten vorbei. Ich zum Beispiel lerne so, dass ich Lernstoff in eine andere Form annehmen lasse, einen Text zu einem Bild werden lasse zum Beispiel.
S & B: Wie kann der Sprachlehrer oder Trainer den Lernenden systematisch zu mehr Erfolgserlebnissen verhelfen?
Donal Elsted: Am besten dadurch, dass man stets jeden Lernenden als Individuum mit ganz eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen betrachtet. Auch in einer Gruppe mit mehreren Lernern ist es möglich, auf individuelle Vorlieben beim Lernen einzugehen. Hilfreich dabei sind „Sprachlernstrategien“, die verschiedene Aspekte des erfolgreichen Lernens, von Zielerkennung über Organisation des Lernstoffs bis hin zu Techniken des Gedächtnistrainings beinhalten. Wichtig ist es auch, den Lerner zur Selbständigkeit zu ermutigen. Das Ziel sollte letztendlich sein, dass der Lerner unabhängig vom Trainer ist und sich seine eigenen Erfolgserlebnisse verschaffen kann. Interessant sind hier immer die bereits erwähnten schwierigen Fälle, die engagierten, unblockierten Lerner finden häufig intuitiv ihren richtigen Weg, bei den anderen muss man schon genauer gucken und Hilfestellung geben. Die Unterscheidung „gute“ und „schlechte“, „starke“ und „schwache“ Schüler habe ich übrigens früh abgeschafft, die führt zu nichts und ist eigentlich nur ein schlechtes Zeugnis für den Trainer.
S & B: Welche persönlichen Eigenschaften und welche Vorbildung sollte ein guter Sprachcoach und Mentor mitbringen?
Donal Elsted: Er sollte ein guter Zuhörer sein, Einfühlungsvermögen und Flexibilität besitzen, damit er auf die Lernenden und ihre Bedürfnisse individuell eingehen kann. Keinesfalls sollte er glauben, alles zu wissen. Es schadet nicht, wenn er selbst schon mehrere Fremdsprachen gelernt hat und weiß, wie schwierig das manchmal sein kann. Und es versteht sich von selbst, dass er auf jeden Fall über umfassende Kenntnisse in seiner Materie sowie über eine pädagogische Ausbildung verfügen sollte.