Wie kann man den eigenen Lernerfolg messbar machen?
Eine Sprache zu lernen ist eine langfristige Aufgabe, die nicht nur Freude bereiten kann. Manchmal scheint alles so mühsam zu sein und man hat das Gefühl, keine Fortschritte zu machen.
Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut. Ich bin manchmal sehr ungeduldig und muss das Gefühl haben, dass sich was tut. Und zwar nicht nur, was das Sprachenlernen angeht: Auch in anderen Lebensbereichen, in denen langfristige Veränderung angestrebt wird, kann Frust ein Thema werden. Bei solchen Veränderungsprozessen setze ich eine (für mich) wirksame Strategie ein, die sich natürlich auf das Sprachenlernen übertragen lässt.
Zählen
Ich fahre gerne Rad. Um fitter zu werden, habe ich ein Kilometer-Konto eingeführt. Ich habe beschlossen, jede Woche eine bestimmte Anzahl von Kilometern im Sattel zu verbringen. Diese Anzahl von Kilometern habe ich so ausgewählt, dass sie im Normalfall immer zu schaffen ist. Es ist egal, wann, wohin und wie schnell ich fahre, solange das Kilometersoll erfüllt ist!
Die gleiche Strategie setze ich für das Italienischlernen ein. Ich setze eine bestimmte Anzahl von Stunden fest, die ich wöchentlich mit dem Lernen verbringen will. Die Anzahl von Stunden ist so ausgewählt, dass ich sie ohne große Mühe einhalten kann. Es ist mir egal, ob ich etwas lese, etwas höre, eine DVD anschaue, eine Übung im Buch mache oder im Internet surfe. Es ist egal, ob ich etwas am Montag oder Freitag oder Sonntag mache: Hauptsache Kontakt mit der Sprache.
Es bedeutet, dass ich in jeder Minute, die ich mit der Sprache verbringe, weiß, dass ich etwas unternehme, um meinem Ziel näher zu kommen.
Von der Strategie zum Ziel
Mittlerweile hat sich meine Rad-Strategie weiterentwickelt: Ich habe mir ein Ziel gesetzt, das zwar mehr Kondition erfordert, aber erreichbar ist: 190 Kilometer von Regensburg nach Salzburg an einem einzigen Tag zu fahren*! Um das zu schaffen, habe ich meine Trainings-Strategie angepasst und die Intensität erhöht, mit dem Ziel, ein bestimmtes Durchschnittstempo zu erreichen. Die „Prüfung“ findet in wenigen Monaten statt.
Ähnlich hat sich meine Lernstrategie weiterentwickelt. Früher hieß es „Hauptsache Kontakt mit der Sprache“, jetzt heißt es „Hauptsache Kontakt und jedes Mal mehr verstehen“.
Die verschiedenen „Konten“ funktionieren, weil sie flexibel einsetzbar sind. Die Weiterentwicklung der Strategie sorgt für mehr „Qualität“. Der Lernerfolg ist für mich messbar.
Wenn Sie auch eine ähnliche Strategie entwickeln möchten, stellen Sie zuerst die Anzahl von Stunden bzw. den Zeitrahmen fest, die bzw. den Sie für immer erreichbar halten. Planen Sie gute und schlechte Tage ein: Sie werden in einer Woche mal mehr, mal weniger schaffen, aber Sie gewinnen mit jeder Minute, die Sie mit der Sprache verbringen!
Nach einer gewissen Zeit (z.B. wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie mehr oder etwas anderes tun möchten) entwickeln Sie Ihre Strategie weiter – nehmen Sie sich ruhig auch ein ehrgeiziges Ziel vor!
Viel Erfolg!
* Warum will ich unbedingt an einem Tag nach Salzburg fahren? Das habe ich einem Kunden zu verdanken. Der 59jährige begeisterte Radfahrer erzählte mir eines Tages, dass er von Regensburg nach Bozen an einem einzigen Tag gefahren ist. Ich dachte mir, wenn er so weit fahren kann, dann schaffe ich es nach Salzburg. Ein Ziel wurde geboren!
UPDATE: Am 21. Juni habe ich mein Ziel erreicht. Ich bin um 05:00 von Salzburg Richtung Regensburg geradelt und kam um 21:30 an.