Wie Sie und Ihr innerer Schweinehund zusammen Englisch lernen können
Haben Sie es satt, Artikel zu lesen, die Ihnen Erfolg versprechen, wenn Sie den „10 einfachen Schritten“ folgen? Oder wie die Tricks der Hochleistungssportler oder Top-Manager Ihnen helfen können, gezielt und effizient Ihre Arbeit in Einklang mit Ihrem Leben zu bringen?
Es wird ein Buch zum Thema vorgestellt oder irgendein „Erfolgs-Kurs“ angeboten, der diesen Erfolg selbstverständlich garantiert.
Sie reagieren mit Erleichterung („Endlich die Rettung in Not“) oder mit Misstrauen („Ja, aber ICH bin die Ausnahme“, oder „Er will bloß mein Geld haben“). Es gibt nichts Schlimmeres als falsche Versprechungen, oder?
Ich hingegen verspreche gar nichts. Ich kenne Sie überhaupt nicht. Ich finde die Vorstellung von „Sie müssen nur X tun und dann lernen Sie Englisch mit Erfolg“ geradezu beleidigend. Der Mensch ist viel zu kompliziert, um sich von Motivationstipps überzeugen zu lassen.
Ich werde allerdings eine Aussage machen, die wirklich wahr ist:
Jeder kann eine (oder mehrere) Fremdsprache(n) erfolgreich lernen, wenn er sich dazu entschlossen hat.
So einfach ist es. Ich weiss, dass es stimmt, weil ich mit vielen Menschen gearbeitet habe, die fest davon überzeugt waren, dass zwar andere Menschen Englisch lernen könnten, sie hingegen würden es nie schaffen, weil…. Es folgt dann eine Reihe von Gründen, warum es speziell in ihrem Fall nicht gelingen wird. Trotzdem haben diese Menschen alle Englisch gelernt.
Sind Sie noch da? Gut. Dann schreibe ich weiter.
Der beste aller Sündenböcke
Meine Aussage ist 100% richtig. Jeder kann es schaffen. Es gibt allerdings einen Haken. Man muss es wollen. Der Grund, warum so viele Menschen die Motivation nicht aufbringen können, ist nicht, weil sie zu faul, zu alt oder nicht intelligent bzw. nicht talentiert genug sind. Es fehlt ihnen nicht wirklich an Geld oder Zeit, und die Sprache ist nicht zu schwierig zu lernen. Schuld daran ist der innere Schweinehund!
Der innere Schweinehund, den man verzweifelt versucht zu überwinden …

Ich allerdings mag Hunde und weiss, dass der Schweinehund unfair als Sündenbock abgestempelt wird. Wenn ein Hund „bellt“, dann bellt er aus gutem Grund. In der Tat ist er kein Schweinehund, sondern ein Wachhund. Der loyale Wachhund verscheucht Feinde („Ich muss unbedingt…“) und bleibt ruhig oder wedelt sogar begeistert mit dem Schwanz, wenn willkommene Gäste im Kopf da sind („Hmm… Ein Bier oder zwei in der Kneipe?…“). Er weiß ganz intuitiv, was Sie wollen und wie er Sie dazu bringt, etwas zu tun. Wenn Sie und Ihr Schweinehund sich einig sind, dann schalten alle Ampeln auf grün.
Dieser Schweinehund legt Ihre Prioritäten im Leben fest und schützt Sie vor unnötigen zusätzlichen Aufgaben oder Belastungen. Es ist also nicht schlecht, sondern gut, dass Sie diesen inneren Schweinehund haben.
Vor allem erkennt der Schweinehund eine Wahrheit, die Sie nie offen zugeben würden: Sie wollen Englisch nicht wirklich lernen. „Schwachsinn“, sagen Sie. Es stimmt. Sie werden es nie zugeben, weil jeder angeblich Englisch lernen sollte und jeder weiss, dass man Englisch braucht, um im Leben voranzukommen.
Natürlich wollen Sie Englisch sprechen können. Die Sprache lernen wollen Sie aber nicht. Wenn Sie das zugeben würden, dann könnte es den Eindruck erwecken, dass Sie nicht im Leben vorankommen wollen und daher kein Ehrgeiz hätten.
Die gute Nachricht, die der Schweinehund bereits kennt: Ihre aktuellen Englischkenntnisse stimmen 100% mit Ihrem momentanen Bedarf überein. Wirklich. Ihr Wortschatz, Ihre Grammatik, Ihre Aussprache, usw. sind mit aller Wahrscheinlichkeit sogar besser als tatsächlich momentan notwendig ist.
Habe ich Sie jetzt verwirrt? Lassen Sie mich erklären.
Wenn Sie mich fragen würden, ob meine Chinesischkenntnisse für meinen aktuellen Bedarf ausreichend sind, dann würde ich positiv auf Ihre Frage antworten. Ich kann kein Chinesisch (außer einigen Begrüßungen). Da ich Chinesisch nicht in meinem Alltag brauche, reichen meine Kenntnisse völlig aus. Es wäre ganz nett, wenn ich Chinesisch sprechen könnte, aber ich mache mir deshalb keine Vorwürfe, weil ich Chinesisch einfach nicht brauche. Sollte ich irgendwann einen Bedarf feststellen (zum Beispiel, wenn ich Besuch aus China bekommen würde), dann würde ich z.B. ein Paar Brocken lernen, um die Gäste zu begrüßen. Sonst nichts. Sollte sich der festgestellte Bedarf später ändern, würde ich entsprechend handeln.
Ähnlich ist es mit Ihnen und Ihren Englischkenntnissen. Wenn Sie keinen echten Bedarf haben, dann reichen Ihre Kenntnisse aus. Sobald Sie einen echten Bedarf feststellen, handeln Sie. Leider haben Menschen die Tendenz, die Sache ein bisschen zu übertreiben und zu versuchen, zu viel zu tun. Sie geraten in Panik und meinen, sie sollten am besten übermorgen perfekt in Englisch sein. Schnell zum Sprachkurs….
Der Schweinehund weiß aber, was Sie wirklich brauchen, und auch, wie viel Aufwand tatsächlich ausreicht. Er stellt fest, wie viel Zeit Ihnen zur Verfügung steht und wann, wo und wie Sie lernen werden (oder nicht). Nicht mehr und nicht weniger.
Sie glauben mir nicht? Tut mir Leid. Dagegen kann ich nichts machen. Ich habe nur eine Bitte: Das nächste Mal, wenn Ihr innerer Schweinehund Ihre Pläne sabotiert, die englischsprachige Welt zu erobern, sagen Sie, statt ihn zu beschimpfen und für faul zu halten, einfach mal: „Braver Junge“ …