„Muttersprachler sprechen zu schnell!“ und „Nach 5 Minuten Konzentration bin ich fix und fertig.“
Solche Aussagen höre ich oft, wenn es um das Verstehen des gesprochenen Wortes geht. Was kann man tun, um sich zu helfen? In dem folgenden Text erläutere ich einige Strategien anhand der 7 Aspekte der Sprachlernstrategien:
ZIELE: Wie isst man einen Elefanten?
Stellen wir uns vor, Sie wollen amerikanische Filme in der Originalsprache verstehen können. Nach kurzer Zeit stellen Sie empört fest, dass Sie wenig verstehen, und geben auf. Solche schlechten Erfahrungen können eine negative Auswirkung auf Ihre Motivation haben: „Es klappt bei mir nicht. Es ist zu schwierig“.
Was war los? Es war schlicht und einfach zu viel zu früh. Sie wollten den ganzen „Elefanten“ essen. Aber wie isst man einen Elefanten? In kleinen Stücken, Tag für Tag (es sei denn, Sie haben Hunger!)
Was könnten die „kleinen Stücke“ sein?
- Melodie erkennen: Zuerst gewöhnen Sie sich an die Satzmelodie und Betonung.
- Fischen gehen: Sie hören zu, um bereits bekannte Wörter und Wortgruppen wieder zu erkennen.
- Grober Überblick: eine ungefähre Ahnung haben, worum es geht
- Fünf Minuten konzentriert zuschauen, dann 7 Minuten, 10 Minuten, 15 Minuten …
- Die Untertitel einschalten
Usw.
Wichtig ist, dass Sie Ihr Ziel so auswählen, dass es erreichbar ist. Langsam aber sicher erhöhen Sie den Schwierigkeitsgrad und achten immer darauf, dass Sie genug verstehen, um mit Ihrer Leistung zufrieden zu sein. Damit haben Sie immer Erfolg und erhöhen so Ihre Motivation.
LERNGESCHMACK: Bin ich einen Elefanten-Typ?
In Lernkreisen spricht man oft von ‚Lerntypen‘. Die Theorien über das Lernverhalten (Stichwort: VAKOG, die 7 Intelligenzen) können uns helfen, besser zu lernen – oder wir werden in Schubladen gesteckt („Ach, Sie können das nicht lernen weil Sie ein visueller Typ sind. Sie müssen Bilder vor Augen haben!“)
Solche Lernkategorien sind nur insoweit hilfreich, als sie den Lerner darauf aufmerksam machen, dass jeder anders lernt bzw. anders lernen kann. Lehrer und Sprachtrainer variieren ihre Unterrichtsangebote, um den verschiedenen Lerntypen gerecht zu werden. Leider glauben viele Lerner, dass es auch einen weiteren Lerntyp gibt: Den „Ich-bin-einer-von-den-Menschen-die-nicht-lernen-können“-Typ.
Ja, es mag sein, dass es manchen Menschen leichter fällt, Audiotexte zu hören. Aber dafür kann es eine Reihe von Gründen geben, die gar nichts mit Lerntypen zu tun haben. Jeder, der ein gesundes Hörvermögen hat, kann durch Hören eine Sprache lernen. Als Erwachsene können Sie auch das schriftliche Wort mit einbinden, um noch schneller zu lernen.
UMGANG: Qualität UND Quantität
Wer gesund leben will, der weiß, dass man aufpassen muss, wann, was und wie oft man isst. Aus der fast unerschöpflichen Vielfalt von Essmöglichkeiten und Rezepten können wir zwischen Fastfood und Slowfood, zwischen Billigware und teurer Bionahrung wählen. Ähnlich ist es mit dem Hören von Englisch. Wählen Sie Ihre Audiotexte sorgfältig aus, um sich möglichst abwechslungsreich und gesund mit englischsprachigen Audiotexten zu ernähren. Vor allem gilt: Wählen Sie die Sachen aus, die Sie gerne konsumieren!
Wenn Sie im Internet ein bisschen herumsuchen, oder in Buchläden die Regale durchstöbern, finden Sie eine Reihe von Möglichkeiten: Webseiten, Podcasts, Audiobücher, Hörkurse, DVD, CD, Apps (für PC & Smartphone). E-Learning, M-Learning (M wie Mobil), Blendet Learning (E-Learning und Präsenztraining), E-learning. Die Fülle an Möglichkeiten ist überwältigend. Wie finden Sie Ihren Weg durch diesen Dschungel?
Qualität
Wählen Sie Audiotexte aus, die zu Ihrem Niveau passen. Wenn Sie Ihr Niveau nicht kennen, hilft Ihnen der Referenzrahmen für Sprachen des Europarats (pdf), dies zu ermitteln. Viele solche Kurse beinhalten zwar meist nicht-authentisches „Lerner-Englisch“. Aber hier geht es vor allem darum, gezielt zu arbeiten. Viele Audiotexte können Sie kostenlos finden, andere kosten einige Euro. Die Investition lohnt sich!
Quantität
Wenn Sie regelmäßig Englisch hören, machen Sie eher Fortschritte als wenn Sie nichts tun. Aber immer wieder die gleichen Texte zu hören, kann langweilig werden. Hier können Sie von der Fülle (meist) kostenloser Audioaufnahmen im Internet profitieren.
Wie sollten Sie vorgehen? Hier einige Vorschläge:
Suchen Sie im Internet nach Audiotexten zu einem beliebten Thema. Wenn Sie einen finden, hören Sie ihn an und stellen Sie fest, wie viel Sie verstehen können. Ein Kunde von mir hört gerne Reiseberichte über Städte, die er bereits besucht hat. Wenn er einen für ihn interessanten Text findet, will er beim erstmaligen Hören bis zu 30% der ganzen Aufnahme verstehen können. Wenn der Text zu schwierig ist, sucht er weiter.
Podcasts: Geben Sie ein Lieblingsthema mit dem Zusatzwort „Podcast“ bei Google ein, und schon werden Sie fündig. Ein Kunde von mir ist Hobby-Fotograf und verwendet die Software „Photoshop“ gerne. Es gibt unzählige kostenlose Podcasts zu diesem Thema. Er hört dabei nicht nur Englisch, sondern probiert die Tipps aus – damit verbessert er seine Fähigkeiten mit der Software. Eine geniale Art und Weise zu lernen!
„Hintergrund-Musik“: Wenn Sie am Rechner sitzen und arbeiten bzw. surfen, hören Sie einen Audiotext. Dabei lassen Sie den Audiotext im Hintergrund laufen und konzentrieren sich auf Ihre Tätigkeit. Dies führt dazu, dass Ihr Unterbewusstsein die ganze Arbeit übernimmt. Sie werden gelegentlich feststellen können, dass Sie doch viel verstehen. Und wenn nicht, ist es halb so schlimm: Es geht nicht um Verstehen, sondern um Hören. Sie können auch MP3s auf Ihr MP3-Abspielgerät überspielen und beim Joggen/Putzen/Autofahren „passiv“ zuhören. Es kostet nichts, weder zusätzliches Geld noch zusätzliche Zeit.
ORGANISATION: Hört niemand zu? Dann los!
Wenn Sie oft genug englischsprachige Texte hören, werden Sie Lust verspüren, sie nachzusprechen. Fast wie ein Kind wiederholen Sie interessante Ausdrücke und ahmen dabei die Betonung des Sprechers nach. Damit tun Sie Ihrem Gedächtnis einen Gefallen.
Wenn Sie sehr motiviert sind, können Sie auch neue Wörter/Ausdrücke aufschreiben. Wichtig ist aber, dass Sie hören, hören hören! Interessanterweise kommen die gleichen Ausdrücke und Wörter in unterschiedlichen Situationen vor. Dabei lernen Sie die Ausdrücke/Wörter im richtigen Kontext und fangen an, die Sprache zu „vernetzen“. Ein Wort, das Sie früher nicht verstanden haben oder dessen Bedeutung Sie nur vermuten konnten, wird in einem anderen Kontext plötzlich klar. Weil Sie das Wort in mehreren Situationen gehört haben, wird es mehrmals in Ihrem Kopf verankert.
GEHIRNGERECHT: Wie im Theater
Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, wie sich Schauspieler lange Texte einprägen. Durch Auswendiglernen? Wohl kaum.
Die meisten Schauspieler prägen sich ihren Stoff durch Bewegung ein. Beim Lernen werden die dazu passenden Bewegungen auch mitgelernt. Beim späteren Abrufen müssen sie nur die Bewegungen machen und schon fließen die Worte.
Sie können das gleiche tun. Wenn Sie sich z.B. den Satz „Come over here“ einprägen möchten, machen Sie entsprechende Bewegungen, z.B. herwinken – immer und immer wieder, bis es sitzt. Sie sprechen und bewegen sich gleichzeitig – genau wie ein Schauspieler. Die Bewegung löst das Abrufen des Stoffes aus.
Übrigens: ähnlich geht es Taxifahrern in London, die jede Straße der Metropole und alle möglichen Routen kennen müssen, um von einer beliebigen Straße zu einer anderen fahren zu können (ohne GPS!). Sie fahren in ihrem Kopf die Route entlang und benutzen Bewegungen, um die Route mental abzurufen.
WIEDERHOLEN: Die Jogger-Geschichte
‚Wiederholen‘ ist ein Wort, das viele Sprachlerner seufzen lässt: „Ich sollte den Stoff wiederholen“, sagen viele, „aber…..“
Bei Audiotexten ist das Wiederholen das A und O des Lernens. So viel hören wie möglich. Aber wie oft sollte man den gleichen Stoff wiederholen?
Wenn es um „Qualität“ (siehe Umgang oben) geht, setzen Sie sich Ziele ähnlich wie Jogger. Der Jogger joggt eine bestimmte Entfernung innerhalb einer bestimmten Zeit. Beim nächsten Mal joggt er die gleiche Entfernung, versucht aber die dafür benötigte Zeit zu verringern. So ähnlich können Sie mit dem „Qualitäts“-Stoff vorgehen – beliebig wiederholen, bis Sie alles verstehen, oder bis Sie 90%, 80%, 30% verstehen. Es steht Ihnen völlig offen, wie oft Sie alles wiederholen.
Wenn es um „Quantität“ geht, ist es nicht notwendig, den gleichen Stoff zu wiederholen. Es gibt immer wieder Nachschub (vor allem bei Podcasts). Ist das Thema zu schwierig oder zu langweilig? Weg damit! Holen Sie sich ein neues MP3. Und dabei hören Sie neue und alte Wörter/Ausdrücke in neuen Kontexten. Sie haben Kontakt zu neuen Stimmen und Aussprachen. Die Masse und die Vielfalt sind hier entscheidend. Wenn Sie gar nichts verstehen, macht nichts – der Nächste bitte!
ÜBERZEUGUNGEN: Von „Ja, aber…“ zu „Ja, und…“
Viele Menschen wissen, dass sie mehr hören sollten, tun es aber nicht. Argumenten wie „Ich bin zu faul..“ oder „Ich habe keine Zeit…“ kann nur bedingt durch positive und praktische Vorschläge entgegengewirkt werden – es kommt immer ein „aber..“
Das ist alles sehr menschlich und normal. Wir führen „unangenehme“ und „schwierige“ Aufgaben nur dann aus, wenn es unbedingt sein muss oder wenn wir Spaß daran haben. Das ist der Fall bei einer Kundin von mir, die Comedy-DVDs auf Englisch anschaut und fast „süchtig“ nach neuen Sendungen ist. Da Fernsehen eine Leidenschaft von ihr ist, schafft sie es, mehr als 30 Stunden im Monat Englisch zu hören – und merkt es kaum! Probleme mit dem gesprochenen Wort hat sie nicht!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Hören.